Wurde Kriegsflüchtlingen aus Syrien 2015 fast ausschließlich der Flüchtlingsstatus gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt, so zeichnet sich in diesem Jahr eine neue Asylpraxis ab: Immer mehr Syrer erhalten durch das BAMF* lediglich subsidiären Schutz. Waren es 2015 nur 0,6 Prozent aller Asylsuchenden, die subsidiären Schutz erhielten, so stieg die Zahl dieses Jahr bereits auf rund 16 Prozent an. Die zunächst hohe Anerkennungsquote von syrischen Asylsuchenden als Flüchtlinge geht vor allem auf den Druck der Oberverwaltungsgerichte zurück. Sie zwangen das BAMF den Flüchtlingsstatus auszusprechen, da den Asylsuchenden bei einer Rückkehr nach Syrien Verfolgung und Repression durch das Assad-Regime droht. Daher wurde über Anträge im beschleunigten Schriftverfahren entschieden. Innenminister Thomas de Maizière beendete dieses Verfahren und führte wieder eine individuelle Prüfung mit Anhörung ein, auf die verstärkt der subsidiäre Schutz folgen soll.
Doch wie unterscheidet sich der subsidiäre Schutz von einer klassischen Flüchtlingsanerkennung und wie wirkt er sich auf die Betroffenen aus? Generell stellt auch der subsidiäre Schutz eine starke Schutzform dar, so haben auch subsidiär Schutzberechtigte Anspruch auf Sozialleistungen und Zugang zum Arbeitsmarkt. Dennoch gibt es einige gravierende Unterschiede, die teils fatale Folgen für die Flüchtlinge mit sich bringen. Zunächst wird für alle, die nach dem 17. März 2016 einen subsidiären Schutz zuerkannt bekommen haben, der Familiennachzug für zwei Jahre ausgesetzt. Dies gilt vorerst bis zum 16. März 2018 und dürfte auch ein Hauptgrund für die neue Bestimmung sein, um weitere Einreisen zu verhindern. Damit wird das Grundrecht als Familie zusammenzuleben aufgehoben, was viele Geflüchtete in die Verzweiflung treibt. Auch die Aufenthaltserlaubnis wird zunächst auf ein Jahr befristet, kann danach jedoch unproblematisch verlängert werden, es droht also erst einmal keine Abschiebung nach Ablaufen der Frist. Mit einer Flüchtlingsanerkennung wird dagegen eine Aufenthaltserlaubnis für 3 Jahre erteilt. Zudem erhält man mit einer Flüchtlingsanerkennung bereits nach drei Jahren eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, während Personen, die subsidiärem Schutz erhalten, fünf Jahre warten müssen und dafür zudem einige gesetzliche Voraussetzungen (z. B. ausreichende Sprachkenntnisse auf Niveau B1 und 60 Monate Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung) erfüllen müssen. Die Anforderungen sind hier also relativ hoch.
Es wird deutlich, dass mit dieser Bestimmung vor allem weitere Flüchtlinge abgeschreckt werden sollen und dass dies in keinem Fall mit der Lage in Syrien, die weiterhin unverändert bleibt, zu vereinbaren ist.
Um dies zu vermeiden sollten sich Asylsuchende gezielt auf ihre Anhörung vorbereiten und im besten Fall eine Verfahrensberatung in Anspruch nehmen. Oftmals nennen die Geflüchteten nicht alle asylrelevanten Gründe, da viele immer noch von einer automatischen Flüchtlingsanerkennung ausgehen. Daher ist es wichtig nicht nur individuelle Fluchtgründe gegenüber dem BAMF anzugeben, sondern vor allem darzulegen, welche Folgen (Repression, Verfolgung etc.) dem einzelnen bei einer Rückkehr nach Syrien drohen. Sollte das BAMF trotz Vorliegens von Fluchtgründen nach der Genfer Flüchtlingskommission, nur subsidiären Schutz gewähren, so besteht für Betroffene immer noch die Möglichkeit gerichtlich dagegen vorzugehen. Da sich beim syrischen Regime nichts geändert hat und Rückkehrern nach wie vor Verfolgung, Verhaftung oder Folter drohen kann, stehen die Erfolgsaussichten für eine Klage auf Flüchtlingsanerkennung relativ gut.
Wer sich als Anhörungsbegleiter engagieren möchte, um Flüchtlinge bei ihrem Asylverfahren zu unterstützen, der kann dies z. B. über Arrival Aid tun. Die Initiative in München bildet Ehrenamtliche aus, um Flüchtlinge auf den Anhörungstermin beim BAMF vorzubereiten und sie zu diesem begleiten.
Mehr Infos hierzu unter: www.arrivalaid.org
*BAMF: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge