Save Me-Statement zum aktuellen EU-Türkei-Deal

Save Me-Statement zum aktuellen EU-Türkei-Deal

Nobby G.
Allgemein

Die am 18. März 2016 beschlossene Vereinbarung der EU mit der Türkei, der sogenannte Türkei-Deal, betrifft in direkter Weise die Resettlement-Programme in Europa, weshalb Save Me München hierzu Stellung nehmen möchte.
Das Abkommen sieht unter anderem vor, alle Flüchtlinge, die seit dem 20. März irregulär in Griechenland ankommen, in die Türkei zurückzuführen. Im Gegenzug dazu nimmt die EU seit dem 4. April im 1:1 Mechanismus für jeden Flüchtling, der in die Türkei zurückgeschickt wurde, einen syrischen Bürgerkriegsflüchtling auf. Die Aufnahme dieser Schutzbedürftigen in Europa soll jeweils im Rahmen der nationalen Resettlement-Programme der EU-Staaten erfolgen. Anstatt also zusätzliche Kontingente für Syrer aufzuaddieren, werden die bestehenden Resettlement-Kontingente genutzt, um die Kriegsflüchtlinge aufzunehmen. Innerhalb der nächsten zwei Jahre soll Deutschland 1600 Geflüchtete aufnehmen. Mit 800 pro Jahr würde daher zwar einerseits die jährliche Anzahl aufzunehmender Resettlement-Flüchtlinge um 300 erhöht werden, andererseits hat dies zur Folge, dass es für Geflüchtete anderer Nationalitäten in der Türkei (Iraker, Afghanen etc.) derzeit keinen legalen Weg mehr nach Europa gibt. Damit würde nicht nur ein Zweiklassensystem für Flüchtlinge geschaffen, sondern faktisch würde auch das europäische Resettlement-System für Geflüchtete weltweit ausgehebelt, weshalb auch der UNHCR (Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen) die Vereinbarung kritisiert. Die Vereinten Nationen, die bisher eine Schlüsselrolle im Auswahlverfahren des Resettlement-Programms spielten, sind jetzt jedoch nur noch pro forma in den Prozess involviert, denn letztlich entscheidet die Türkei, wer nach Europa darf. Die türkische Regierung hat ihre Ziele erreicht: Die Verhandlungen für einen EU-Beitritt werden beschleunigt und falls das Land die Bedingungen aus dem Deal komplett erfüllt, was bis Ende Juni durch die EU geprüft werden soll, kommt es zur Einführung der Visafreiheit für die Türken in der EU.
Save Me München betrachtet den EU-Türkei-Deal daher kritisch, scheint es hier nicht vordergründig um das Wohlergehen von Flüchtlingen, sondern vielmehr um die Interessen der Türkei und der EU zu gehen. Kontingente für syrische Bürgerkriegsflüchtlinge dürfen nicht auf Kosten des EU-Resettlement-Programmes und anderer Flüchtlingsbevölkerungsgruppen gehen. Ferner sollte die Rolle des UNHCR innerhalb des Auswahlprozesses unangetastet bleiben. Es bleibt abzuwarten, wie die Vereinbarungen des Deals in der Praxis umgesetzt werden und wie menschenwürdig mit Menschen, die internationalen Schutz benötigen, in der Türkei und in Griechenland umgegangen wird.
In Deutschland erhalten die über die Türkei aufgenommenen Flüchtlinge den gleichen Status wie Resettlement-Flüchtlinge. Um sie bestmöglich bei der Eingewöhnung und Integration zu unterstützen bedarf es vor allem eines weiteren Ausbaus von nötigen migrationspolitischen Strukturen sowie eines verbesserten Betreuungsangebotes vor Ort. Save Me München kritisiert seit langem die vielerorts mangelhaften oder sogar fehlenden Betreuungs- und Beratungsstrukturen für Resettler in Deutschland.