Mit der Aufnahmeordnung vom 21. Dezember 2018 hat das Bundesinnenministerium entschieden, das Humanitäre Aufnahmeprogramm für syrische Geflüchtete (und Staatenlose) aus der Türkei zunächst für ein weiteres Jahr bis Ende 2019 fortzusetzen. Neben der Aufnahmeanordnung werden in einem Begleitschreiben weitere Details festgelegt.
Im Rahmen des Programms wird die Aufnahme von bis zu 500 Personen monatlich ermöglicht, was einer jährlichen Aufnahmequote von 6000 Personen entspräche, die nach ihrer Ankunft einen Aufenthaltstitel nach § 23.2 AufenthG erhalten, der zunächst auf drei Jahre befristet ist.
In der Türkei lebende Schutzsuchende, die bei der türkischen Migrationsbehörde DGMM registriert sind (dies sind sie meist automatisch sobald sie eine Aufenthaltserlaubnis haben) müssen abwarten, ob sie für das Programm ausgewählt werden. Sie können sich nicht direkt beim BAMF oder UNHCR für das Aufnahmeverfahren bewerben. Dem UNHCR werden zunächst durch die türkische Migrationsbehörde Listen von Personen vorgeschlagen, die für eine Aufnahme in Frage kommen. Der UNHCR leitet diese nach einem weiteren Prüfverfahren daraufhin an die nationalen Behörden der Aufnahmeländer weiter. Im Falle von Deutschland entscheidet abschließend das BAMF über eine Aufnahme.
Bei der Auswahl können verschiedene nationale Aufnahmekriterien berücksichtigt werden. Dazu gehören u.a. die Wahrung der Familieneinheit, familiäre oder integrationsförderliche Bindungen nach Deutschland, Integrationsfähigkeit gemessen an Bildungsqualifikationen, Sprachkenntnisse, Alter und Religionszugehörigkeit. Hier zeigt sich relativ deutlich, dass durch Begriffe wie der Integrationsfähigkeit nationale Interessen im Aufnahmeprozess eine Rolle spielen und eine Umsiedlung nicht nur aufgrund reiner Schutzbedürftigkeitskriterien erfolgt.
Die Aufnahme erfolgt im Rahmen der Zusage von 10.200 Personen, die Deutschland in den Jahren 2018/19 im Rahmen des EU-Umsiedlungsprogramms von 50.000 Personen, festgelegt hat. Dies bedeutet, dass der Großteil der 10.200 Personen nicht, wie öffentlich bekannt gegeben, über Resettlement in Deutschland aufgenommen wird, sondern über die Humanitäre Aufnahme. Der Unterschied zeigt sich im Aufenthaltstitel. So haben Personen, die über das Humanitäre Aufnahmeprogramm kommen, einen deutlich schlechteren Aufenthaltstitel als Geflüchtete, die über Resettlement einreisen. Sie haben im Gegenzug zu Resettlement-Flüchtlingen kein Recht auf erleichterten Familiennachzug und unterliegen der Pflicht zur Mitwirkung bei der Passbeschaffung, die für Resettler als nicht zumutbar gilt. Die Unterschiede in den Aufenthaltstiteln machen erneut deutlich, dass nicht, wie öffentlich behauptet, von einer Aufnahme von 10.200 Resettlement-Flüchtlingen gesprochen werden kann. Wünschenswert wäre hier in jedem Fall ein zusätzliches Kontingent gewesen und in keinem Fall eine Verrechnung von Zahlen, die zu Lasten schutzbedürftiger Geflüchteter geht.
Hintergrund des Humanitären Aufnahmeprogramms ist der EU-Türkei-Erklärung vom 18. März 2016, deren Ziel es vor allem ist, die irreguläre Migration aus der Türkei in die EU einzudämmen. Wir kritisieren den EU-Türkei-Deal, da die Aufnahmen an Rückschiebungen gekoppelt sind und individuelle Asylzugänge in die EU damit weiter erschwert werden.
Bislang kamen 2019 377 Personen über das HAP nach Deutschland. Es ist davon auszugehen, dass auch weiterhin regelmäßig Personen über das HAP einreisen werden. Diese werden nach Einreise über den Königssteiner Schlüssel auf die Bundesländer verteilt, wobei sich für Bayern hierfür eine Quote von ca. 15% ergibt. Die Regierung von Oberbayern prüft zunächst inwieweit sie Haushalte selbst unterbringen kann und bittet zugleich die Stadt München um eine Prüfung der Unterbringung. Aufgrund von Unterbringungsengpässen hat München für diese Personengruppe aktuell eine Art Aufnahmestopp erlassen.