EU Resettlement and Humanitarian Admission Framework als Europäischer Neuansiedlungsrahmen

EU Resettlement and Humanitarian Admission Framework als Europäischer Neuansiedlungsrahmen

Nobby G.
Allgemein

Im Rahmen der EU-Verhandlungen zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS Reform) ging in einem Verordnungsentwurf bereits 2016 der Vorschlag der EU-Kommission zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen Neuansiedlungsrahmens, dem sog. EU Resettlement Framework, ein, das sowohl Resettlement als auch humanitäre Aufnahmeprogramm regelt, wobei 60% der Gesamtplätze für Resettlement angedacht sind. Für den damaligen Entwurf hagelte es seitens verschiedener zivilgesellschaftlicher Organisationen bereits Kritik.

Die ersten Verhandlungen zum geplanten Framework fanden zwischen Januar und Mai 2018 zwischen Rat, Parlament und Kommission statt. Im Juni 2018 hatte das European Policy Centre (EPC) ein neues Discussion Paper zum EU Resettlement Framework veröffentlicht, das aktuelle sowie inhaltliche Entwicklungen thematisiert. In dem EPC-Paper wird zunächst klar, dass sich der Grundgedanke des Frameworks in verschiedene Richtungen bewegt und sich im Rahmen dessen vor allem die Positionen zwischen EU-Rat und EU-Parlament unterscheiden.

Während das EU-Parlament Resettlement weiterhin als Schutzinstrument für besonders vulnerable Gruppen begreift, sieht der Europäische Rat das EU-Resettlement-Framework klar als Migrationsmanagement-Ansatz im Sinne einer Migrationskontrolle an. Diese Entwicklung, die eine klare Vermengung von Resettlement und Migrationskontrolle bedeutet, zeigt das aktuelle EPC Paper auf.

Die Diskrepanz zwischen den verschiedenen Ansätzen zeigt sich dabei insbesondere in folgenden Punkten:

  • Freiwilliger Charakter des Verordnungsentwurfs sowie die Festlegung einer maximalen Aufnahmezahl ohne eine verbindliche zahlenmäßige Zielsetzung
  • Auswahlkriterien für Personen und Erstzufluchtsstaaten, aus denen aufgenommen wird
  • Nennung von Ausschlusskriterien (z.B. vorangehende irreguläre Einreise in die EU)

Geeinigt haben sich Rat und Parlament dabei bereits auf freiwillige, unverbindliche Quoten. Übergeordnetes Ziel ist es dabei, dass die Aufnahmen des Frameworks insgesamt 20% des weltweiten Resettlementbedarfs (aktuell bei ca. 1,4 Millionen) decken sollen.

Der Verordnungsentwurf ist nicht zuletzt aufgrund der oben genannten Punkte äußerst kritisch zu betrachten. Zu kritisieren ist aus Sicht von Save Me hier zunächst die Aufnahme über erneut unverbindliche Quoten, die somit abermals auf der Freiwilligkeit der teilnehmenden Staaten basieret, wobei hier zudem nur von Maximal- und nicht von Minimal-Zahlen gesprochen wird.

Die Festlegung von Auswahlkriterien für Personen sowie für die Staaten, aus denen aufgenommen wird, würde darüber hinaus den Druck auf die Erstzufluchtsländer deutlich erhöhen. Die Kriterien orientieren sich überdies nicht mehr am weltweiten geographischen Resettlement-Bedarf, sondern sind an die Kooperationsbereitschaft der Staaten bzw. deren gute Beziehung zur EU im Bereich Migration und Asyl geknüpft. Diese weist ein Drittstaat dann auf, wenn er die Zahl der Grenzübertritte in die EU reduzieren kann, was erneut deutlich macht, dass hier der irreguläre Zugang zum Asylsystem begrenzt werden soll.

Die Auswahlkriterien für aufzunehmende Personen, die auch im Diskussionspapier vom EPC kritisiert werden, weichen darüber hinaus klar von den von UNHCR festgelegten Auswahlkriterien ab, so sollen beispielsweise Familienangehörige nur neuangesiedelt werden, wenn klar ist, dass die Personen nicht für einen Familiennachzug infrage kommen. Das Framework weist somit keine klare Trennlinie zwischen dem Zugang über Familiennachzug und dem Resettlement dieser Personengruppe auf. Des Weiteren stellt das „Integrationspotential“ als bisher relativ vager und undefinierter Rechtsbegriff dabei ein positives Auswahlkriterium, wenn auch keinen Ausschlussgrund, dar, was erneut dem humanitären Schutzgedanken entgegensteht.

Bzgl. der Nennung von Ausschlusskriterien nennt der Verordnungsentwurf eine vorangehende irreguläre Einreise oder einen irregulären Aufenthalt in der EU in den fünf Jahren vor dem Resettlement-Verfahren, wenn bereits ein positiver Eintrag im SIS (Schengener Informationssystem) im Sinne einer Wiedereinreisesperre durch die Mitgliedsstaaten vorliegt.  Auch dies ist aus Sicht von Save Me scharf zu kritisieren, widerspricht es doch ganz klar dem bisherigen klassischen humanitären Charakter von Resettlement, wenn Geflüchteten der Zugang zum Programm aufgrund vorangegangener Einreisen in die EU verwehrt wird. Dies bekräftigt erneut aktuelle Tendenzen, Resettlement nicht mehr als komplementären Ansatz im internationalen Flüchtlingsschutz zu sehen, sondern damit gezielt die Zahl „illegaler“ Einreisen in die EU minimieren zu wollen.

Aktuelle Zahlen machen darüber hinaus deutlich, dass der Neuansiedlungsplan sein Ziel bisher weit verfehlt, so sollten bis Oktober 2018 25.000 (50%) der geplanten 50.000 Personen umgesiedelt werden. Wie im EU-Fortschrittsbericht veröffentlicht wurde, wurden im Mai 2018 jedoch erst 8% des geplanten Kontingents resettelt. Seitdem hat die EU keine weiteren Fortschrittsberichte mehr vorgelegt. Auf Nachfrage der Deutschen Welle lieferte die Hälfte der kontaktierten Länder nun die neuesten verfügbaren Daten. Berücksichtigt man diese neuen Zahlen und setzt man die Zahlen der Länder, die keine aktuelleren Informationen zur Verfügung stellten, auf die alten zurück, steigt die Erfüllungsquote auf 26 Prozent (13.176 Personen). Das Ziel bis Oktober 2018 25.000 Personen umzusiedeln ist damit bisher deutlich gescheitert. Die Deutsche Welle konfrontierte die EU-Kommission daraufhin mit Tatsache der geringen Zahl an Neuansiedlungen und erhielt daraufhin die Auskunft, dass bisher 15.900 Personen resettelt worden seien und die Zahl der Personen von Jahr zu Jahr ansteigt, sodass die Kommission zuversichtlich ist, das Endziel bis Ende Oktober 2019 zu erreichen.

Die folgende Grafik zeigt wie viele Personen aus den einzelnen Mitgliedsstaaten bisher umgesiedelt wurden:

Quelle: https://www.dw.com/en/how-the-eus-resettlement-plan-is-failing-to-meet-its-goal/a-46473093

Bisher haben somit nur Irland, Slowenien und Litauen die 50-Prozent-Marke erreicht haben. Auch Deutschland hat seine Verpflichtungen somit bisher nicht erfüllt. Zu den Gründen für den Verzug äußerte sich die EU-Kommission bisher nicht. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte lediglich, dass Deutschland wegen der verspäteten Regierungsbildung nach den Parlamentswahlen 2017 hinterherhinke. Klar ist aus Sicht von Save Me, dass es hier nach wie vor am politischen Willen sowie der öffentlichen Unterstützung mangelt, um eine größere Anzahl an Umsiedlungen durchzuführen.

Save Me fordert angesichts der aktuellen Ausgestaltung des Framework sowie der schleppenden Umsetzung ganz klar: Der Fokus von Resettlement als dauerhafte Lösung im internationalen Flüchtlingsschutz muss auch weiterhin bei den vulnerablen Gruppen liegen und darf durch das EU Resettlement Framework nicht ausgehebelt werden! Ebenso darf das individuelle Recht auf Schutz nicht beeinflusst werden, Resettlement ist weiterhin als komplementärer Ansatz zum individuellen Recht auf Asyl zu begreifen und darf dieses in keinstem Fall beschneiden oder als Instrument der Migrationskontrolle missbraucht werden! Darüber hinaus dürfen die geplanten Kontingente nicht weiter am fehlenden politischen Willen, der öffentlichen Unterstützung oder an fehlenden Kapazitäten auf Kosten von schutzbedürftigen Menschen scheitern!

Sich einerseits für Resettlement als legalen Zugangsweg einzusetzen und sich mit angeblicher Humanität für einzelne Aufnahmeaktionen zu rühmen, gleichzeitig jedoch eine menschenrechtsverachtende europäische Flüchtlingspolitik, geprägt von Abschottung der EU-Grenzen zu befördern, ist aus Save Me-Sicht nicht tragbar und zeugt von Verlogenheit.

Wir fordern eine ehrliche Teilnahme und Umsetzung am Resettlement-Programm als unablässigem Instrument in der Flüchtlingspolitik für schutzbedürftige Menschen!

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